Soldat

Soldat im Schützengraben

Hermann Claudius wird zwar wegen allgemeiner Körperschwäche als „Landsturm mit Waffe“ gemustert, dennoch am 19.12.1914 gezogen und am 12.7.1915 zum Infanterie-Regiment nach Altona einberufen.

1914 veröffentlichte Claudius in dem Band „Hörst du nicht den Eisenschritt“ noch einige Hymnen auf Vaterland, Krieg, Kameradschaft und Mobilmachung – analog zum Zeitgeist. Doch schon bald änderte sich seine Haltung.

Über die Zustände in der Kaserne schreibt er seiner Frau am 13.7.1915: „Das fade Gespenst des Militarismus steht mit schauderhaftem Gähnen über mir“.
Im Oktober richtet er ein Gesuch an den Schulinspektor Meyer um Reklamierung vom Heeresdienst und Wiedereinstellung in den Schuldienst. Im November wird er aus dem Heeresdienst „zur Verfügung der Oberschulbehörde entlassen“.

Der Zweite von links ist HC

Im November 1916 erfolgt die erneute Einberufung (Hermann Claudius im Feld, 2. von links). Sie soll Folge des Erscheinens seines Buches „Menschen“ gewesen sein, in dem eine Reihe von Gedichten deutliche Kritik am Krieg üben. So wird im April 1917 vom stellvertretenden Generalkommando Altona ein disziplinarisches Vorgehen der vorgesetzten Schulbehörde gegen Claudius und Verbot seines Buches „Menschen“ vorgeschlagen.
„Es läßt eine gerechte Würdigung der sittlichen Werte vermissen und stellt das Wesen des Krieges in entstellender Weise dar, so daß seine Verbreitung im allgemeinen Interesse nicht geduldet werden kann. Das Buch ist in mehreren Expl zu requirieren!“
Der Lyrikband konnte erst nach dem Krieg veröffentlicht werden, der Antrag eines Disziplinarverfahrens wird jedoch von der Oberschulbehörde schleppend behandelt. Aufgrund eines wohlwollenden Bericht des Schulrats Umlauf über Claudius und sein Buch „Menschen“ werden disziplinarische Maßnahmen gegen Claudius letztlich abgelehnt, aber eine Reklamation seines Militärdienstes soll nicht erfolgen.

Dem Verfasser ist dichterische Begabung nicht abzusprechen. Das Erlebnis des großen Krieges hat ihn tief gepackt, aber er sieht nur das große Elend, das sinnlose Morden, das Sichzerfleischen der halben Menschheit und sucht die Bilder des Grauens ins Visionäre zu erheben. Das gelingt ihm in einigen Skizzen sehr gut, und auch den grotesken und sarkastischen Ton schlägt er gelegentlich nicht ohne Wirkung an. Vieles aber ist gesucht, gequält, gespreizt, gewollt dunkel. Einiges ist läppisch (S. 42 fg.). Das ganze wirkt in seiner Eintönigkeit ermüdend. Religiös oder vaterländisch ist das Werk gewiß nicht: aber ich erwarte von ihm auch nicht eine aufreizende oder flaumacherische Wirkung, dazu ist es zu unwirklich, phantastisch. Es ist nicht erwünscht, viele solcher Lehrer zu haben; als einzelne Erscheinung muß er ertragen werden. Veranlassung zu disziplinarischem Einschreiten bietet das Buch m.E. nicht.
Schulrat Umlauf am 10.4.1918

Im Januar 1917 wird Claudius an die Front in Nordfrankreich (Vaulx) verlegt. Hier lernt er Hans Grimm („Volk ohne Raum“) kennen, der ihn später förderte. Diese Freundschaft verstärkte jedoch auch den Nazi-Verdacht.

Ab November 1917 ist er Kanonier im Stab Art. Komm 18 an der Ostfront (Wilna), wird aber im Dezember wieder zurück in den Westen (Elsass) verlegt. Erst das Ende des Krieges im November 1918 bedeutet auch für Claudius das Ende seiner Militärzeit. Er verzichtet auf den Erholungsurlaub, der ihm nach Rückkehr aus dem Heeresdienst eigentlich zusteht und tritt sofort seinen Schuldienst an.